Quo vadis IPO 2017: Wettkampf versus Gebrauchshundselektion

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Zirkus – Agility – Gebrauchshundeprüfung:
Bei allem funktioniert der Hund nach den gleichen Gesetzen, aber es ist alles kategorisch etwas anderes, wenngleich die Schnittmengen fließend sind.


Die Philosophie des RSV2000
Schäferhundezucht ist Gebrauchshundezucht

Postulate:

  • In der Gebrauchshundedefinition lesen wir, dass wir Menschen uns das Recht nehmen über den Hund zu verfügen.
  • In den Leitlinien lesen wir, dass der Sport die Gebrauchshundselektion übernommen hat.
  • Weiterhin ist dort zu lesen, dass die Koordination/Harmonie der Schlüssel ist, um die optimale Leistungsbereitschaft des Hundes zu erreichen.
     
  • Die Bedeutung der Prüfung im Sport ist in der Kausalkette (Grafik 1) festgeschrieben. Damit ist das Richten ein wichtiger Parameter der Gebrauchshundselektion.
  • Objektivität, Reproduzierbarkeit und Validität sind Gütekriterien eines Tests. Deshalb ist es wichtig, die Validitäten auf den Prüfstand zu stellen.

Validitäten können vom Ziel wegführen

In den letzten Jahren sind Kriterien zu Validitäten hochstilisiert worden, die in Bezug auf diese Philosophie Schaden anrichten. Sie fordern zwar technische Kabinettstückchen, die wie Zirkusdarbietungen hohe Anforderungen an das adaptive und intellektuelle Potenzial des Hundes und seines Ausbilders stellen, aber das ist nicht alles, was einen guten Gebrauchshund ausmacht und selektiert – es verzerrt sogar die Selektion.

Spaß und Freude kommen erst nach Erreichen der Höchstleistung

Die Mode, wonach ein Hund freudig arbeiten soll, entspricht zwar dem naiven Zeitgeist einer Spaßgesellschaft, ist aber ein Widerspruch in sich. Zum Gewinnen werden Höchstleistungen verlangt – Höchstleistungen sind aber Limit und niemals Spaß und Freude, letztere kommen erst nach dem Erfolg.

Anders ausgedrückt: Der in der heutigen Zeit gern verwendete Begriff „Arbeitsfreude“ ist irreführend und hat in der Gebrauchshundeausbildung nichts zu suchen, wenn es um ethologische und kynologische Zusammenhänge geht. Die mittlerweile verlangte technische Perfektion in den Übungen erfordert von den Hunden Höchstleistungen am nervlichen Limit.

Triebziel und Prüfungsordnung sind nicht deckungsgleich

Tatsache ist, die Übungen der Prüfungsordnung sind niemals Triebziel des Hundes, primär frustrieren sie ihn in seinem Triebverhalten. Um es drastisch und deutlich zu sagen: „Die Übungen sind ein Faustschlag mitten ins Gesicht des Hundes.“ Nur durch Anwendung der Lerngesetze und ethologischer Erkenntnisse, dem Tauschgeschäft: „Wenn du das machst, was mir die Punkte bringt, bekommst du dein Triebziel“, ist der Hund dazu zu bringen, seine Arbeit hoch motiviert, mit vollem Engagement auszuführen.

Man muss “Plan haben”

Grundlage, um die Übungen zu vermitteln, sind Plan A und Plan B. (Grafik 2)
Absicherung erfolgt über Plan C, denn in einer Prüfungssituation gibt es keine Freigabe zum Triebziel. Daher muss über das Spiel „Himmel versus Hölle“ dem Hund vermittelt werden, dass die totale Koordination mit seinem Hundeführer den maximalen Komfort darstellt. Dies ist dann wieder intrinsische Motivation genug für den Hund, da er dann ausreichend positive Verstärkung durch soziale Interaktion erhält (Plan D).

Um jetzt in der Prüfung mit der Beurteilung das Thema nicht zu verfehlen, muss der Ausbildungsprozess betrachtet werden.

Maximal ist nie optimal

Der Trieb spiegelt sich in der Appetenz wieder, sie ist der Energiestau für die zu leistende Arbeit. (Grafik 3) Sie hat eine genetische Komponente und ist durch die Güte der Ausbildung reguliert. Stellgrößen sind die mentale Stärke des Hundes, um die gestaute Energie zu halten, die Quantität des genetisch vorgegebenen Triebpotenzials und die präzise Signalkontrolle durch den Hundeführer. Der Koordination kommt insofern eine wesentliche Stellfunktion für den optimalen Trieb zu. Der optimale Trieb kann nie der maximale sein, denn bei optimaler Koordination gibt es keine Konflikte mehr sondern nur noch Spannung und Konzentration. Maximaler Trieb mag begeistern, stellt aber nie die optimale Balance zwischen Trieb und Technik dar. (Grafik 4) Denn diese sind Antagonisten: Wie gesagt, die 100 Punkte sind nie das originäre Triebziel des Hundes.

Ziel ist die Balance

Der Interessenskonflikt zwischen Hund und Hundeführer ist ein systemimmanentes Problem, das zu Hyperaktivität (grau) oder zu adaptivem Verhalten (blau) führt. Im ersten Fall geht es auf Kosten der Technik, im zweiten auf Kosten des Triebes.
Nur bei maximaler Verständigung (Koordination / Harmonie) ist die optimale Balance zu erreichen.

Es ist die Aufgabe des Richters anhand der Signalkontrollen (Koordination) zu evaluieren, wie Trieb und Technik zu bewerten sind, um die wesentlichen zuchtrelevanten Parameter des Hundes (mentale Stärke, Triebpotential – grau/grün/blau) zu erkennen und zu bewerten. An den Triebwechseln von Statik zu Dynamik oder von Dynamik zu Statik lässt sich diese Problematik am besten erkennen.

RSV2000 – ein in sich geschlossenes Konzept für den Gebrauchshund

Der RSV2000 begleitet mit einem in sich geschlossenen System den Hundeführer vom Welpen an mit seinen Sichtungen, seinen Seminaren, über die Prüfungen und Körungen den richtigen Weg einzuschlagen. Dazu hat er speziell für Sichtungen und Körungen die Matrix im mentalen und anatomischen Bereich entwickelt, und für die Prüfungen ein schlüssiges System mit einem einheitlichen, aussagekräftigen Richterbogen kreiert. Über die Kriterien Trieb/Technik/Koordination = Appetenz/Signalkontrolle/Übung (Grafik 4)  wird der Fokus auf die existenziellen Validitäten der Gebrauchshundezucht gelegt.

Den Seminarteilnehmern wird ein schlüssiges Konzept vermittelt, um Appetenz, Signalkontrolle und Technik zu optimieren. In Richtertagungen werden die Richter geschult, auf diese wesentlichen Validitäten ihr Augenmerk zu legen und nicht der aktuellen Mode zu frönen, Formalitäten und Nebensächlichkeiten eine Bedeutung zu zumessen, die keinerlei Relevanz für den Gebrauchshund und seine Selektion beinhaltet. 

So kann der RSV2000 sicherstellen, dass die Prüfungen nicht zu reinen Wettkämpfen verkommen, sondern ihre Bedeutung für die Zuchtselektion des Gebrauchshundes behalten, nachdem der Hund kaum noch seine Selektion im Gebrauch an der Herde und im Dienst bei Behörden erfahren kann.

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